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Biokraftstoffboom bedroht Erdklima

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Biokraftstoffe gelten als klimaneutrale Alternative zu fossilen Brennstoffen wie etwa Erdöl. Deshalb tauchen sie in den bisherigen Klimaregelungen nicht auf. Aber ihr zunehmender Anbau droht die Erdatmosphäre einer Studie zufolge bis Ende dieses Jahrhunderts massiv mit Treibhausgasen zu belasten.

Vor der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember fordern Forscher im Magazin "Science", diese Entwicklung abzuwenden.

Mehr Land für Treibstoffe als für Lebensmittel?

"Der Fehler ist zwar gravierend, aber korrigierbar", sagt Timothy Searchinger von der Universität Princeton. Mit der Verknappung fossiler Brennstoffe wird der Druck zur Nutzung von Energiepflanzen in den kommenden Jahrzehnten massiv steigen.

Zum Ende des Jahrhunderts werde eine größere Fläche zum Anbau von Biokraftstoffen genutzt als von Lebensmitteln, prognostizieren Forscher um Jerry Melillo vom amerikanischen Marine Biological Laboratory.

Indirekte Folgen berechnet

Die Wissenschaftler berechnen in der Studie detailliert, wie sich der Boom von Biokraftstoffen in diesem Jahrhundert auf die Emissionen von Treibhausgasen auswirken wird. Dabei berücksichtigen sie nicht nur den Anbau der Energiepflanzen, sondern vor allem auch dessen indirekte Folgen - etwa, wenn die Lebensmittelfelder verdrängt werden und auf Flächen ausweichen, die dafür abgeholzt werden.

Gerade bei der Rodung von Wäldern entweichen große Mengen Kohlendioxid in die Erdatmosphäre. Durch die Verdrängung der Nahrungspflanzen könne doppelt so viel Kohlenstoff freigesetzt werden wie beim Anbau der Energiepflanzen selbst, betonen die Forscher.

"Große Treibhausgas-Emissionen durch diese indirekten Veränderungen der Landnutzung sind unabsichtliche Konsequenzen eines weltweiten Biokraftstoff-Programms", warnt Melillo.

"Wenn Wälder oder andere Pflanzen für Bioenergie gerodet werden, muss der dabei freiwerdende Kohlenstoff auch als Emission berechnet werden. Geschieht das nicht, wird der Einsatz von Bioenergie das Treibhausgas-Problem eher verschärfen als lösen."

Gefahr Stickstoff
Ein weiteres Problem birgt die zunehmende Nutzung von Stickstoffdünger für die Felder. Der dabei entstehende Distickstoffoxid (N2O) werde bis Ende des Jahrhunderts die Erdatmosphäre stärker belasten als CO2. Und mehr als die Hälfte der N2O-Emissionen wird den Forschern zufolge vom Anbau von Energiepflanzen stammen.

Schwer zu quantifizieren, aber wichtig

Genau diese sogenannten "indirekten Emissionen" werden bisher nicht in den Treibhausgas-Bilanzrechnungen berücksichtigt. Dies sollte aber der Fall sein, fordert Michael Obersteiner vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenburg (NÖ). Gemeinsam mit Kollegen hat er einen weiteren entsprechenden Artikel in "Science" veröffentlicht.

Um die indirekten Emissionen zu bestimmen, müsse man Lebenszyklusanalysen durchführen, meint Obersteiner. Es müssten beispielsweise Fragen einbezogen werden, wie das Zuckerrohr für die Ethanolerzeugung angebaut wird, wie viel Kohlendioxid anderswo freigesetzt wurde aufgrund verdrängter landwirtschaftlicher Produktion, wie das Zuckerrohr in der Fabrik energetisch genutzt wird bis hin zu seinem Verbrauch durch den Konsumenten.

Bisherige Studien haben bereits gezeigt: "Auch wenn die indirekten Effekte sehr schwer zu quantifizieren und mit viel Unsicherheit verbunden sind, so sind sie ein wesentlicher Faktor der gesamten Treibhausgasbilanz auf globaler Ebene und müssen daher berücksichtigt werden", so Obersteiner.

Beispiel Raps

Damit könnte sich laut Obersteiner auch vermeiden lassen, "dass etwa in Europa ineffizient mit Raps gearbeitet wird".

Ineffizienz insofern, als mit dem Rapsanbau im großen Stil die benötigte landwirtschaftliche Produktion verdrängt und beispielsweise nach Brasilien ausgelagert würde, "wo dann etwa Sojafelder auf Kosten der Wälder expandieren". Damit gehe Wald als großer Kohlendioxidspeicher verloren.

Die Studie "Indirect Emissions from Biofuels: How Important?" in "Science".


Copyright:

Issued by:  ORF Online

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Issue date: October 23, 2009

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